Die Hauptsache ist doch: „Wir haben Spaß“
Ein Satz, den man immer häufiger auf dem Golfplatz hört. Was meint der Golfspieler mit dieser Aussage? Nun, ich vermute hinter diesem Satz könnte stehen: „ Nimm alles nicht so ernst und so genau. Ich tue es auch nicht“? Wenn ich solche Äußerungen höre, denke ich immer bei Siegerehrungen, in denen Ergebnisse wie 55 Nettopunkte oder 10 unter Par bekannt gegeben werden: „Na, die haben aber richtig Spaß gehabt“.
Liebe Leser, ich will kein Ankläger sein, der den Finger hebt und dem Golfer das Spielen vermiest. Ich möchte vielmehr meine Sicht aus 21 Jahren Golferfahrung und meine persönlichen Eindrücke über die allgemeine Entwicklung im Golfsport darstellen und versuchen, dem Golfsport die Stellung zu geben, die er verdient hat. Leider ist es heute gang und gäbe, dass auf den Turnieren geschummelt wird, dass sich die Balken biegen. Teilweise ist das bewusst und teilweise auch aus Unkenntnis der Regeln. Dazu kommt dann noch leider die Einstellung vieler Spieler, Schummlern alles Durchgehen zu lassen, nach dem Motto: „Wenn der schummeln darf, darf ich es auch und ich bin kein Denunziant“. Diese Einstellung gehört nicht in den Golfsport.
Die Gründe dieser negativen Entwicklungen liegen sowohl in gesellschaftspolitischen als auch in wirtschaftlichen getriebenen Zwängen. Einige davon möchte ich hier nennen.
Es beginnt mit der immer häufiger auftretenden Werbung verschiedener Veranstalter: „Platzreife, bei uns in 3 Tagen“! Hier wird suggeriert, dass man Golfspielen, Verhalten auf dem Platz und Golfregeln in 3 Tagen erlernen kann. Wie enttäuscht ist dann der Beginner, wenn dieses Versprechen so nicht erfüllt werden kann.
Ein anderer Grund ist vielerorts die Einstellung: „Das Handycap spiegelt meine Stellung in der Gesellschaft wieder. Also muss es unbedingt niedrig sein“. Um diesen Status zu verteidigen, wird der Spieler häufig zum Schummler, da er sonst seine eigenen Anforderungen in den Turnieren nicht erfüllen kann.
Auch die Einführung der Handycapgrenze -54 und das Ganze Hin und Her mit CSA, CBA oder EDS tut dem Sport aus meiner Sicht nicht gut. Und wie man hört, soll 2016 wieder alles neu geordnet werden.
Der Druck auf den Deutschen Golfverband durch die Betreibergesellschaften wird immer größer. Hier ist die Maxime „Pay and Play“. Die Hauptsache ist, viele Greenfeespieler über den Platz zu bekommen, zusätzlich zu den Klubmitgliedern.
Alle diese Punkte laufen auf eines hinaus. Der DGV und die Klubs brauchen mehr Mitglieder. Aber anstatt den Golfsport darunter leiden zu lassen, sollte man sich in den Ländern Ratschläge einholen, die es verstehen, Ihre Anlagen wirtschaftlich gesund führen und trotzdem den Sport mit seinen Regeln durchführen. Der DGV sollte versuchen, mit den Kommunen zu sprechen, um finanzierbare Golfplätze in Gemeinden zu bauen. Dann könnte Golf auch als Schulsport angeboten werden. Das wird nicht in allen Gegenden möglich sein, aber irgendjemand muss damit beginnen.
Niemand käme auf die Idee, wenn er sich die British Open oder ein PGA Turnier im Fernsehen ansieht, dass dabei auch nur ein Hauch an den Regeln vorbei gespielt wird. Alle bewundern den Sieger. Dieser Sieger hat seinen Preis redlich verdient. In den Klubturnieren ist das lange nicht der Fall. Viele von Ihnen kennen das: Nach bestimmten Turnieren stehen immer dieselben Spieler auf dem Podest und lassen sich feiern, obwohl der Verdacht, nicht ehrlich zu spielen, nahe liegt. Aber niemand sagt etwas aus bereits genannten Gründen.
Bei einer Turnierserie, bei denen ich nun bereits seit zwei Jahren auf den Einzelausschreibungen in der Spielleitung aufgelistet bin, wird überwiegend „vorgabenwirksam“ gespielt. Was schätzen Sie, wie viele Spielsituationen, die nicht eindeutig waren, oder in den Regeln zu den schwierigeren Fällen gehörten, wurden der Spielleitung zur Entscheidung vorgetragen? Null!!
Daraus muss man schließen, dass entweder alle Spieler die Regeln kennen, oder nicht danach spielen. Wenn immer ich mitspiele, habe ich mindestens einen Fall in meiner Spielgruppe, in der die Anwendung einer Regel geklärt werden muss. Dann kommt immer die Bemerkung: „Ist ja schön, dass wir einen Schiedsrichter dabei haben“. Das ist der falsche Ansatz.
Auf den Regelabenden, die ich im Auftrage des Vorstandes durchführe, sehe ich immer nur die Klubmitglieder, die Golf, so wie ich, als Sport verstehen und sich daher auch zumindest mit den Grundregeln befassen. Klubmitglieder, die es dringend nötig hätten, etwas mehr über Regel zu erfahren, sehe ich nicht. Das gilt auch für Jugendliche.
Unser schöner Sport entwickelt sich leider immer mehr zum „Eventsport“ mit dem Verdacht: „Wer am besten schummelt, spielt auch am besten“. Für mich bedeutet diese Erkenntnis, ich habe immer weniger Lust, Turniere zu spielen.
Ich kann nur „Spaß haben“, wenn ich nach den Regeln spiele, egal ob es eine Privatrunde, nicht vorgabenwirksam, oder vorgabenwirksam ist. R&A in Schottland behandelt überhaupt keine Fragen, die sich um das Schummeln drehen. Deren Antwort ist dann immer: „Es gibt im Golfsport kein Schummeln, daher können wir keine Stellungnahme abgeben“. Der Spieler hat irgendetwas gespielt, aber kein Golf!
Dabei wäre alles so einfach. Wenn jeder Spieler unseres schönen Sports sich nur an den „Spirit of the Game“ halten würden. Golf wird überwiegend ohne die Anwesenheit eines Schiedsrichters oder Unparteiischen gespielt. Das Spiel beruht auf dem ehrlichen Bemühen jedes einzelnen Spielers, Rücksicht auf andere Spieler zu nehmen und nach den Regeln zu spielen. Sie sollten Sportgeist erkennen lassen, gleichgültig wie ehrgeizig sie sein mögen.
Wie heißt es so schön: „Spiele den Platz, wie Du ihn vorfindest und spiele, den Ball, wie er liegt“. Das allein reicht aus, um Golf zu spielen und dabei „Spaß“ zu haben. Die wichtigste Frage, die sich ein Spieler stellen muss, wenn er nicht weiss, wie eine Regel anzuwenden ist heißt: „Verschaffe ich mir durch die geplante Maßnahme einen Vorteil, oder nicht“?
Für mich wäre es ein großer Gewinn, wenn sich mehr Golfspieler für die Einhaltung der Regeln einsetzen würden und denen, die absichtlich nicht ehrlich spielen, die Rote Karte zeigen, ohne dabei unfair zu sein. Es wird höchste Zeit, dass wieder der Sport in den Vordergrund rückt und nicht der falsche Ehrgeiz, unbedingt auf dem Treppchen stehen zu müssen. Helfen Sie uns dabei, indem Sie sich selber mehr mit den Regeln beschäftigen. Wir veranstalten Regelabende, die nie langweilig sind und lassen Sie „falsch spielen“ in Ihrer Spielgruppe nicht zu.
Mit sportlichen Grüßen
Thomas Lander
HGV Spielleiter
th-lander@t-online.de